Wiederinbetriebnahme nach sehr langer Standzeit

Nach 10 Jahren Standzeit würde ich ...

... wenn ich das unten geschriebene nochmal lese, das Moped in alle Einzelteile zerlegen und schön neu zusammenbauen ;-)

Aber der Reihe nach. Ich habe versucht, die Dinge so aufzulisten, dass sie größtenteils in der vorliegenden Reihenfolge abgearbeitet werden können. 

Fahrwerk

Nach langer Standzeit ist zu vermuten, dass die Reifen hart und rissig geworden sind. Sie sollten daher schnellstmöglich gewechselt werden. Das sagt natürlich nicht, dass man keinen Meter mehr damit fahren kann, aber für sportliche Fahrweise und extreme Kurvenlagen sind sie nicht mehr geeignet. Sie bringen die Maschine aber bestimmt noch zum nächsten Reifenhändler.

Die Bremsflüssigkeit ist zu wechseln, wobei gleichzeitig auch die Bremse entlüftet wird. Normale Bremsschläuche haben eine Lebensdauer von maximal 4 Jahren (sagt Yamaha), nach 10 Jahren Standzeit sind sie also auf jeden Fall reif für den Müll. Heutzutage gibt es gute Stahlflexschläuche mit ABE, der TÜV ist also kein Problem mehr. Dabei sollte auch ein Blick auf die Bremsklötze, -backen (hinten, wenn vorhanden) und -scheiben geworfen werden. Und wenn man schon dabei ist, kann man sie gleich noch säubern.

Die Kette sollte einer genauen Prüfung unterzogen werden. Abgesehen vom Verschleiß (Längung der Kette, Abnutzung der Zähne an den Ritzeln) und offensichtlichem Rost muss geprüft werden, ob alle Gelenke noch frei beweglich sind. Ist die Kette noch gut, sollte sie zumindest gereinigt und abgeschmiert werden.

Neues Öl / Fett (Art je nach Zweck) an alle übrigen Schmierstellen ist zu empfehlen:
- Radlager
- Schwingenachse (Fettpresse)
- Lenkkopflager
- Welle am Fußbremshebel
- Tachoschnecke
- Kupplungsschnecke
- Kupplungszug
- Tacho- und Drehzahlmesserwellen
- Brems- und Kupplungshebelgelenke
- Lagerung von Seiten- und Hauptständer

Nach so langer Zeit könnte auch mal das Gabelöl gewechselt werden, es ist bestimmt noch das originale drin. Schaden wird es auf jeden Fall nicht. Die Stoßdämpfer sollten auch überprüft werden, die werden mit der Zeit undicht und dämpfen nicht mehr.



Elektrik

Die neue Batterie ergibt sich vermutlich von selbst.

Dann mal alle Lampen (und die Hupe) auf Funktion prüfen. Sollte die Elektrik ein wenig schwach sein oder Ausfälle zeigen, hilft es oft schon, alle Steckverbindungen einmal zu trennen, zu säubern, mit Kontaktspray zu benetzen und wieder zu verbinden. Alle Sicherungen 2x rumdreh'n erweckt ebenfalls viele nicht funktionierende Elektrik-Teilnehmer zum Leben. Falls das alles noch nicht reicht, können im nächsten Schritt die Lenkerschalter zerlegt und ebenfalls gereinigt werden, die oxidieren auch gerne vor sich hin.

Später, wenn der Motor dann läuft, sollte noch die (Lade-)Spannung an der (neuen, geladenen) Batterie gemessen werden:
Motor aus: ca. 12,5 V
Motor an, ab 3000 U/min: ca. 13,8 - 14,5 V



Vergaser und Tank

Benzin verdampft teilweise und hinterlässt einen fiesen gelb-grünen Schmodder. Altes Benzin sollte daher nicht für die ersten Startversuche verwendet werden, es brennt nicht mehr ordentlich. Man kann es aber abfüllen und dann nach und nach dem frischen beigeben.

Alle Gummiteile im Bereich der Kraftstoffversorgung sollten sorgfältig auf Risse und ggf. Knicke geprüft werden:
- Ansaugstutzen (haben gerne außen Risse, sind aber innen noch dicht, also reinschauen)
- Benzinschlauch
- Unterdruckschlauch (auf knickfreie Verlegung achten)
- Gummikappe auf dem anderen Ansaugstutzen
- Vergasermembranen (s.u.)

Vom Vergaser sollte zumindest die Schwimmerkammer mal abgenommen werden. Das wird die Entscheidung für eine ordentliche Reinigung des Vergasers (Ultraschallbad in der freundlichen Werkstatt an der Ecke) vermutlich erleichtern. Ist nur wenig Dreck vorhanden, können einfach die Kammern gereinigt und wieder angebaut werden. Sinnvollerweise sollten auch die Siebe unter den Schwimmernadelventilen überprüft werden.

Ein Blick unter die oberen Deckel zeigt die Membranen. Diese dürfen keine Löcher haben (Prüfung: gegen Licht halten). Die Schieber sollten (nach Wiedereinbau), wenn man sie von Hand nach oben schiebt, auf beiden Seiten gleichmäßig nach unten sinken. Hinten oben im Bereich des Anschlusses an die Luftfilter haben die Vergaser ein längliches Loch. Bläst man hinein, sollte sich der Schieber heben, natürlich auch auf beiden Seiten gleich.

Luftfilter sollten sauber und frei von Lebewesen aller Art sein. Die Generalüberholung mit Filterfließ wird an anderer Stelle in den FAQ beschrieben.

Das Tankinnere sollte auf Rost überprüft werden.  Sonst erlebt man auf der ersten Ausfahrt womöglich böse Überraschungen und darf nach Hause schieben.Ein extra Benzinfilter in der Spritleitung kann trotzdem nicht schaden. Der im Tank angebrachte Benzinfilter fällt sowieso immer ab.

Der unterdruckgesteuerte Benzinhahn sollte bei Verdacht auf Fehlfunktion überprüft werden. In den Stellungen ON und RES sollte kein Benzin aus dem Hahn fließen (Flasche drunter und über Nacht stehenlassen). Saugt man am Unterdruckschlauch (gibt also Unterdruck auf die Membrane im Hahn) sollte Sprit fließen. In der Stellung PRI fließt immer Sprit.



Motor

VOR dem ersten Start das Öl wechseln. Normalerweise macht man einen Ölwechsel nachdem man den Motor hat warmlaufen lassen, damit das Öl besser herausfließt. In diesem Fall würde ich aber erstmal kalt wechseln, denn wer weiß, was sich da im Laufe der Zeit alles drin angesammelt hat, was sich nicht auch noch im Motor verteilen soll.

Bei der Gelegenheit sollte auf jeden Fall auch der Siebfilter unten im Motor geöffnet und begutachtet werden.

Dann zunächst das billigste Öl wo gibt einfüllen, wir wollen es nicht lange fahren, s. u.. Durch die Ventildeckelchen können ein paar Spritzer auf die Nockenwelle geben werden (bei der Gelegenheit kann gleich das Ventilspiel geprüft und ggf. eingestellt werden, s. u.).

Dann sollten das Ventilspiel und der Zündzeitpunkt überprüft und ggf. richtig eingestellt werden. Das erleichtert bestimmt auch den ersten Start der Maschine. Bei ausgebauten Zündkerzen kann auch gleich getestet werden, ob die Kerzen noch taugen und ob Zündfunken vorhanden sind (sonst neue besorgen :-)). Kerze mit Gewinde an Masse halten (am Stecker festhalten ;-)), Zündung an, Kicker treten. Ein Blick auf das Zündkabel kann auch nicht schaden, ist es brüchig, sollte es ausgetauscht werden (s. FAQ).

Motor ein paar Mal ohne Zündung durchtreten, damit sich das Öl überall verteilen kann bevor großer Stress in den alten Teilen aufkommt. Erst danach wird der Motor gestartet und warm gefahren (!).

Nach - sagen wir mal - 50 km, wenn sich der ganze Schmock im Motor gelöst hat, sollte das Öl inkl. Filter nochmal gewechselt werden. 

Wenn der Vergaser zum Reinigen komplett zerlegt war, fällt das Warmfahren womöglich erstmal aus und der Vergaser muss stattdessen eingestellt werden. Im kalten Zustand kann nur eine Grundeinstellung erfolgen, für die exakte Enstellung muss der Motor Betriebstemperatur haben.

 

So und jetzt viel Spaß beim TÜV :-)

 

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Die Checkliste in Stichworten zum Ausdrucken für in die Werkstatt:

Reifen
Bremsen (Flüssigkeit, Schläuche, Klötze)
Kette und Ritzel
alles fetten / ölen
Gabel
Stoßdämpfer

Batterie
Kontakte reinigen
Ladespannung (später)

Benzin
Schläuche und Gummiteile
Vergaser
Benzinhahn

Ölwechsel
Ventile
Zündung
Zündkerzen
Vergaser einstellen (falls erforderlich)

TÜV besuchen

 

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