Cup-Geflüster

Reinhard Scheuerlein über ein Rennen in Hockenheim, 1979:
Ich hatte am Start Probleme, mein Motorrad zum laufen zu bekommen. Sonst war ich fast regelmäßig erster in der ersten Kurve. Diesmal sprang der Motor nicht an. Vermutlich hatte beim Einschalten der Zündung mittels in Vergasernähe seitlich rechts angebrachtem Zündschloss einfach der Kontakt nicht geschlossen. Zweifelnd, evtl. die Zündung nicht eingeschaltet zu haben, habe ich während des Schiebens noch mal den Zündschlüssel umgelegt und dabei wohl wieder ausgeschaltet. Als der Motor endlich ansprang waren nun über 30 Sekunden vergangen und das gesamte Feld inklusive der Nachzügler schon auf der Spange, die den großen Kurs zum kleinen Kurs umfunktionierte.

 


Startphase bei einem Rennen in Hockenheim (1982)

 

Über 30 Sekunden am Start verloren – aber die Räder drehen sich. Klar, dass ich in einer solchen - ausweglos erscheinend, was die Punkteränge bei einem auf 15 Runden verkürzten Rennen anbelangt - Situation nicht aufgebe. Aber es war mir klar: Wenn ich jetzt nicht alles gebe was in mir steckt, dann wird es auch keine Punkte als Ergebnis geben. Endlich konnte ich mal alles auf eine Karte setzen ohne taktische Überlegungen. Endlich konnte ich mal fahren wie ich es schon immer wollte. Endlich. Und so bin ich gefahren was das Zeug hielt.
Eine gefühlte Ewigkeit hatte es gedauert bis ich überhaupt die Letzten des Feldes wieder eingeholt hatte. Und die zu überholen war der schwierigste Teil des Rennens. Währen ich absolut grenzwertig unterwegs war, unmöglich größere Richtungswechsel innerhalb einer Kurve auszuführen, lief ich nun auf Fahrer auf, deren Geschwindigkeiten auch größere Korrekturen zugelassen hätten. Wenn mir da einer plötzlich vor's Vorderrad fährt weil er seine von mir angenommene Linie ändert – das wäre es dann gewesen. Also habe ich mich brav dahinter einsortiert und habe dann bei der nächsten Kurve einfach und ohne Risiko ausgebremst.
Viel einfacher war es dann, als ich endlich das Mittelfeld durchpflügen konnte. Diese Jungs waren jetzt berechenbar und ich konnte auch in den Kurven wieder gefahrlos überholen. Und zum Ende des verkürzten Rennens hatte ich dann auch wieder die Spitze im Blickfeld. Fünf Runden länger, wie es die reguläre Renndistanz vorgesehen hätte, und ich hätte mindestens noch einen Podestplatz erreicht. So musste ich mich mit dem schlechtesten aller meiner Cup-Plätze, einem 9. Platz zufrieden geben. Aber das war der am heißesten erkämpfte Platz meiner Cup-Laufbahn. Und ich war pro Runde um knapp über eine ganze Sekunde schneller unterwegs als die Spitzengruppe – und dies unter erschwerten Bedingungen.

 


Manfred Ladeck (35) und Wolfgang Wendlinger (49) 1981 in der Südkehre des Nürburgrings

 

Manfred Ladeck erzählt zum Foto:
Es war in dem Rennen am Nürburgring in der Südkehre. Der Kampf mit Wolfgang (Wendlinger) war extrem eng, und einige Spuren von Reifenabrieb an meinen Endrohren zeugten von Berührungen. Vor diesem Rennen wurde auch auf der Nordschleife des damals 22,8 Kilometer langen Rings trainiert, und die Zeit von 10,11 von mir gefahren. Mit mir zusammen fuhr die Margret Lingen mit 10,13 ebenfalls eine sauschnelle Runde. Wir trainierten viel zusammen.


Margaretha Lingens erster Auftritt beim Cup:
(Dazu ist anzumerken, dass Margaretha wegen eines Unfalls während ihrer Schreinerlehre 4 Finger der linken Hand fehlen.)

Motordrom Hannover, Qualifikationsrennen. Herr Vetter (Yamaha) leitete den Cup. Wir fuhren - ich war gar nicht so schlecht. Es gab nur ein Problem, wir hatten alle die gleiche Kleidung und die gleichen Handschuhe. Das wurde zu meinem Problem, da während der Fahrt der linke Handschuh, der nur meinen kleinen Finger aufnehmen musste, wie wild im Fahrtwind flatterte. Das fiel natürlich Herrn Vetter und seinen Kollegen auf. Sie riefen mich nach dem Training zu sich und fragten mich, warum ich den Handschuh nicht richtig anziehen würde. Mein Herz pochte wild - nun war ich aufgeflogen. Ich zeigte meine Hand und Herr Vetter war sehr überrascht, denn damit hatte er nicht gerechnet.
Auf jeden Fall erlaubten sie mir weiter zu fahren, da ich besser fahren würde als so mancher mit 10 Fingern. Die Nachfrage, wie ich durch die ärztliche Untersuchung gekommen bin konnte ich ganz klar beantworten: Danach hatte man nicht gefragt und der Arzt hat es auch irgendwie nicht gesehen. Danach konnte ich die Handschuhe beim Schneider um 4 Finger kürzen lassen , damit sie nicht mehr so flatterten.

(Anmerkung: 1981 war Margaretha Lingen eine von 4 Frauen, die beim Cup mit fuhren.)


Manfred Ladeck über ein Rennen am Hockenheimring:
Beim Training hatte Jürgen Braun einen Sturz und eine Verletzung am Fuß vom Schalthebel. Durch den Verband passte er nicht mehr in den Stiefel, wollte aber, weil er in der Platzierung so gut lag, das Rennen unbedingt fahren.
Wir hatten 20 Minuten Zeit einen größeren Stiefel zu besorgen. Mir kam die Idee den Streckensprecher zu bitten über die Streckenlautsprecher die Bitte nach einem 44er oder 45er Stiefel zu verbreiten.
Sekunden später hörte man das Gesuch über die Tribüne schallen, und in wenigen Minuten standen mehrere Jungs in Socken in Jürgens Zelt und er probierte die Stiefel. Eine passte hervorragend und der Junge lief ab sofort mit nur einem Stiefel durchs Fahrerlager.
Jürgens Boxenmannschaft nahm ihn mit an die Mauer von Start und Ziel. Da wir ja noch den Schiebestart hatten wurde es unmittelbar vor dem Start ganz still.
Just in diesem Augenblick brüllte der Junge "Jetzt aber Kante mit meinem Stiefel!!!"
130000 Menschen brachen in brüllendes Gelächter aus, denn sie hatten ja die Geschichte über die Streckenlautsprecher verfolgt. Jürgen holte weiter Punkte, und gab dann den Stiefel mit Autogrammen von ihm und einigen Fahrern zurück.


Manfred Ladeck über Toni Mang:
Am Hockenheimring hatte ich nach unserem Rennen eine Begegnung mit Toni Mang, der kopfschüttelnd sagte :"Ihr fahrt mit dem Messer zwischen den Zähnen, mit 6 Mann nebeneinander auf eine Kurve zu, durch die nur 2 passen, aber keiner gibt nach."
Ich fand es schon bemerkenswert, dass er uns zusah.....

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